Braucht man überhaupt noch ein Hotel in Berlin Tempelhof, seit der Flughafen nicht mehr in Betrieb ist? Offenbar ja, denn in Tempelhof-Schöneberg verzeichnet die Tourismus-Statistik auch heute noch mehr als 1,7 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Knapp sechzig Betriebe bieten mehr als achttausend Gästebetten an.
Eine Zeitreise in die Berliner Geschichte
Der heutige Bezirk entstand 2001 im Zuge der Berliner Verwaltungsreform. Bis dahin war Tempelhof eigenständig. Neben Tempelhof und Schöneberg gehören jetzt weitere vier Ortsteile dazu. Knapp 350.000 Einwohner hat der siebte Bezirk bei einer Fläche von etwa 50 km² – das sind nach der Bevölkerungszahl die Dimensionen einer Großstadt wie Wuppertal oder Bielefeld, aber auf einem Bruchteil der Fläche. Sie brauchen ein paar Argumente, sich ein Hotel in Berlin Tempelhof-Schöneberg zu suchen und neben den typischen Touristen-Zielen auch einmal den Platz der Luftbrücke und den John-F.-Kennedy-Platz zu besuchen? Bitte sehr.
Rosinenbomber im Einsatz
Weltweite Bekanntheit erlangte Tempelhof in der Zeit von Juni 1948 bis Mai 1949, als die sowjetische Besatzungsmacht die Versorgungswege nach West-Berlin zu Land und zu Wasser sperrte. Die Westmächte durchbrachen die Berlin-Blockade per Luftbrücke. Man muss dazu wissen, dass die Stadt nur Lebensmittelvorräte und Kohle für etwa fünf Wochen lagerte. Pro Tag waren im Sommer etwa 4.500 Tonnen Versorgungsgüter erforderlich, im Winter steigt der Bedarf wegen der Steinkohle für die Heizungen auf 10.000 Tonnen. Würde Berlin durch den Winter kommen? Erst im August 1948 wurde die mindestens erforderliche Transportkapazität erreicht, und schon bei kleineren Störungen wegen Nebels konnten die Flugzeuge nur beschränkt eingesetzt werden. Ein großes Problem war auch die geringe Verfügbarkeit von Treibstoff für den Rückflug. Am Ende konnte man aber zum Beispiel durch dehydrierte Lebensmittel so viel Gewicht einsparen, dass die Versorgung mittels der sogenannten Rosinenbomber sichergestellt werden konnte. 2,1 Millionen Tonnen transportierten die Flugzeuge ins blockierte Berlin, bis die Sowjets die Blockade aus wirtschaftlichen und politischen Gründen aufhoben. Heute kann man auf dem Tempelhofer Feld spazieren gehen – die grüne Lunge bleibt der Stadt erhalten.
Der Klang der Freiheit
Auch das benachbarte Schöneberg ist geschichtsträchtiger Boden. Das Schöneberger Rathaus ist bekannt als Sitz des Regierenden Bürgermeisters bis 1991 und des Berliner Abgeordnetenhauses bis 1993. Im Rathausturm hängt die über zehn Tonnen schwere Freiheitsglocke, ein Geschenk der US-amerikanischen Bevölkerung. Sie schmückt ein Zitat von Abraham Lincoln: „Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine Wiedergeburt der Freiheit erleben.“ Die Glocke erklingt täglich um 12 Uhr sowie zu besonderen Ereignissen: Am 3. Oktober 1990 um 0 Uhr läutete sie die deutsche Einheit ein, und zum Gedenken an die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 ertönte sie zwei Tage später für volle sieben Minuten. John F. Kennedy sprach 1963 vor dem Rathaus seine berühmten Worte „Ich bin ein Berliner“.
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